Haushaltsdebatte von Krieg in der Ukraine geprägt
Nachdem der Haupt-und Finanzausschuss einstimmig der Gemeindevertretung empfohlen hatte, der Haushaltssatzung und allen Bestandteilen des Haushaltsplanes mit den vom Haupt- und Finanzausschuss beschlossenen Änderungen zuzustimmen, lobte der Fraktionsvorsitzende der SPD und Vorsitzende des Haupt- und Finanzausschusses zunächst die Beratungen im Ausschuss als extrem kollegial und konstruktiv und bedankte sich sowohl bei den Ausschussmitgliedern, Bürgermeisterin Kristina Paulenz, dem Gemeindevorstand und der Gemeindeverwaltung und insbesondere dem Hauptamtsleiter Michael Deubler.
Wie Joachim Reimertshofer aber dann weiter ausführte, war die Welt, als der Ausschuss die Beschlussempfehlung verabschiedete, noch eine gänzlich andere. Eine Woche nach der Sitzung wurde von Russland durch den Einmarsch in die Ukraine ein völkerrechtswidriger Krieg begonnen, der auch von allen Fraktionen in der Sitzung in einer gemeinsamen Resolution verurteilt wurde, der unsägliches Leid über die Menschen dort bringt. Fast zwei Million Menschen sind bereits geflüchtet, vor allem Frauen und Kinder. Mit vielen Hunderttausend weiteren Flüchtlingen ist noch zu rechnen. „Hätten wir damals schon von dem Einmarsch der russischen Streitkräfte in die Ukraine gewusst, hätten wir dann den Haushalt dann so zur Annahme empfohlen?“. Diese Frage stellte sich Joachim Reimertshofer und beantworte sie auch gleich: „Ich weiss es nicht, aber wir brauchen trotz dieser gefährlichen Lage unsere eigene Handlungsfähigkeit und diese wird durch den Haushalt jetzt zunächst hergestellt, da der Gemeindevorstand nun weiss, welche Geldmittel er wofür zur Verfügung hat.“
Der diesjährige Haushalt unterscheidet sich nicht gravierend von dem letztjährigen Haushalt, so dass er nur kurz darauf einging, auch weil ihm viele Probleme derzeit viel wichtiger erschienen: Die Ausgaben für die 3 Kindergärten in Ober-Mörlen und Langenhain-Ziegenberg betragen über 2,2 Millionen EUR. Das sind wiederum etwa 20% des gesamten Haushalts. Davon müssen die Eltern nur insgesamt etwa 45.000 EUR an die Gemeinde bezahlen, was bedeutet, dass die Kindergartenbeiträge nur zu etwa 5% zum Unterhalt der Kindergärten beitragen. Weitere 25% werden über Zuschüsse vom Land und dem Kreis finanziert. Den Rest, nämlich ca. 70% bezahlen wir als Gemeinde, damit unsere Kinder hier friedlich und umsorgt aufwachsen können. Es kann also wohl kein Zweifel daran bestehen, dass Ober-Mörlen eine kinder- und familienfreundliche Gemeinde ist. Weitere fast 100.000 EUR geben wir – unmittelbar und mittelbar – für Vereine – nicht nur in Ober-Mörlen, sondern auch in der Wetterau aus. Für unsere Sportvereine, für unsere Karnevalsvereine, aber auch Sozialvereine, die alle durch ihre Angebote zu einem friedlichen und gesellschaftlichen Miteinander beitragen. Über Schul- und Kreisumlage – zusammen weitere 2,5 Millionen EUR – finanzieren wir viele weitere Angebote mit, insbesondere natürlich unsere Wintersteinschule, damit Ober-Mörlen auch weiterhin eine lebenswerte Gemeinde bleibt.
All das haben die Menschen in großen Teilen der Ukraine aber nicht mehr. Und all das konnten wir uns nur leisten, weil wir seit vielen Jahren in einem friedlichen Europa gelebt haben, wo dem wir als Deutsche überproportional profitiert haben. Ist es damit vorbei und müssen wir uns zukünftig auf andere Szenarien vorbereiten? Müssen wir uns darauf einstellen, dass auf uns als Gemeinde mitten in Europa neue Herausforderungen zukommen? Müssen wir uns – um den Bogen zu den Haushaltsberatungen wieder zu schlagen – schon jetzt darauf einstellen, dass der vorliegende Haushalt durch Nachtragshaushalte überarbeitet werden wird?
Auch diese Fragen wurden durch unseren Fraktionsvorsitzender aufgeworfen. Eine Antwort auf diese Fragen kann derzeit keiner geben, aber Joachim Reimertshofer hält es für möglich. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass wir wieder eine Vielzahl von Flüchtlingen aufnehmen müssen – müssen im Sinne von wollen! – , die dieser Krieg aus ihrem Heimatland vertreibt. Wir brauchen für diese Familien, die zu uns kommen Wohnflächen, Verpflegung und gesellschaftliche Angebote. Diese gibt es nicht umsonst und muss dann aus dem Gemeindesäckel bezahlt werden. Nur um hier gleich Mißverständnissen vorzubeugen betonte Joachim Reimertshofer, dass er jederzeit entsprechende Ausgaben befürworten werde. Auch wenn er an ein grosses gesellschaftliches Engagement glaube, werden wir als Gemeinde möglicherweise zusätzlich gefordert werden. Er wies darauf hin, dass es auf der Einnahmeseite sein könnte, dass durch die verhängten Sanktionen auch Gewerbe und Bürgerinnen und Bürger in Ober-Mörlen mittelbar und unmittelbar betroffen sind, wodurch Gewerbesteuereinnahmen und Einkommensteueranteile für die Gemeinde wegfallen würden. Ihm persönlich betonte er, gehen die Sanktionen, die den russischen Präsidenten zur Aufgabe dieser Kriegshandlungen bewegen sollen, auch nicht weit genug. Wie kann man immer noch Gas und Öl von russischen Energiekonzernen für etwa 1,5 Milliarden EUR pro TAG kaufen und es über russische Banken bezahlen?Warum sind nicht alle russischen Konzerne und Banken von der Sanktion betroffen? Vor allem deshalb weil wir in Europa und in Deutschland auf diese Energielieferungen angewiesen sind. In dem neuen geopolitischen Umfeld, das zweifellos entstehen wird, müssen wir deshalb auch an unserer energiepolitischen Unabhängigkeit arbeiten. Zum Beispiel an der Förderung von PV-Anlagen für eine dezentrale Selbstversorgung der Haushalte – wenn mach- und finanzierbar auch mithilfe der Kommune. Dieser Punkt ist zur Beratung bereits im Haupt- und Finanzausschuss. Das andere ist die Windkraft, die rund um den Winterstein produziert werden könnte, die aber seit Jahren ideologisch umkämpft ist. Während die Befürworter mit Nachhaltigkeit, sauberer Energie usw. argumentieren, wird von den Gegnern von Windkraftanlagen häufig deren Auswirkungen auf die Natur und das Landschaftsbild als Gegenargument ins Feld geführt. Hier werden wir zukünftig deshalb auch dem Thema energiepolitische Unabhängigkeit bei solchen Projekten mehr Beachtung schenken müssen, was auch von dem Fraktionsvorsitzenden der CDU in seinem Beitrag betont wurde, obwohl dies nicht der bisherigen Linie der CDU entsprechen würde.
Wir werden uns hier als Gemeinde in vielen Bereichen neuen Herausforderungen stellen müssen und Joachim Reimertshofer wünschte sich abschließend, dass wir dann – sollte es soweit sein – diese dann auch gemeinschaftlich meistern.
Vor allem aber wünschte er zum Schluss seiner Haushaltsrede den Menschen in den besetzen und umkämpften Gebieten in der Ukraine, das bald wieder Frieden herrscht. Und nicht nur dort, sondern überall auf der Welt.
Dem schließen wir uns als SPD-Fraktion an und werden jede Initiative unterstützen.
Ihre SPD Ober-Mörlen